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Lyric Blog

Auf Wiederseh’n

Es begann wie schon so oft
schlich sich ganz leise an, einfach überwältigt
schön und doch hinterhältig
so dass ganz unbemerkt, es in mir lebt und hofft

und schön wurden die Stunden
Gefühle fliegen frei, ganz unbeschwert umher
doch mit einem Mal so schwer
stürzen wieder hinab, in einsame Runden.

Und ich sag auf Wiederseh’n
zu allem was da war, zu allem was da ist
was an meiner Seele frisst
ich schau mich nicht mehr um, und bleibe einfach steh’n
die Gedanken werden klar
weil schlussendlich sowieso, doch nur als einzig bleibt
was mich immer wieder treibt
die Sehnsucht unerfüllt, und so berechenbar.

Ich blicke nicht mehr zurück
auf das was mich so leicht, und doch voll entflammte,
was tief in mich sich brannte
was schien mir wie der Weg, zu einem neuen Glück.

Alles was immer besteht
ist nur ein alter Traum, tief in mir verborgen
der wartet auf den Morgen
wenn seine Sonne scheint und jeder Schatten geht.

Und ich sag auf Wiederseh’n
zu allem was da war, zu allem was da ist
was an meiner Seele frisst
ich schau mich nicht mehr um, und bleibe einfach steh’n
die Gedanken werden klar
weil schlussendlich sowieso, doch nur als einzig bleibt
was mich immer wieder treibt
die Sehnsucht unerfüllt, und so berechenbar.

Und ich sag auf Wiederseh’n
zu allem was da war, zu allem was da ist
was an meiner Seele frisst
ich schau mich nicht mehr um, und bleibe einfach steh’n
die Gedanken werden klar
weil schlussendlich sowieso, doch nur als einzig bleibt
was mich immer wieder treibt
die Sehnsucht unerfüllt, und so berechenbar.

Geliebter Feind

Geliebter Feind, der du doch bist
so sehr seh’n ich mich nach dir
was stetig weiter in mir frisst
langsam raubt den Atem mir.

Geliebter Feind, so sehr vermisst
habe dich doch nie gekannt
scheint ohne dich so oft mir trist
was der Welt alles bekannt.

Geliebter Feind, der du mich treibst
tiefer in die Dunkelheit
du doch nur für Momente bleibst
nährest von der Einsamkeit.

Geliebter Feind, lasse dich zieh’n
wie ein jedes Mal zuvor
auf das wir uns doch wiederseh’n
hoffe ich, der bleibt als Thor.

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Leere Geister

Leere Geister, tief schwarze Nacht
lärmende Stille, einsam bewacht.

gleich an gleich, ohne Gesicht
starre Bewegung, Licht das bricht.

Blicke schweifen, ständig suchend
schweigende Schreie, nie ausgerufen.

betäubt genießen, nie hinterfragt
klar verschwommen, längst abgehakt.

Gedanken bleiben, Fragen entsteh’n
tot gebohren, kein Wiederseh’n.

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4 Minuten


4 Minuten – MyVideo

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Stille Tränen

Ganz langsam bahnt die erste sich
ihren Weg über die Wange
als jede Freude von ihr wich
ist das Herz längst schwer und bange.

Ein Schleier liegt über der Welt
doch Tränen funkeln wie Sterne
die erste nun zu Boden fällt
nur der Mond wacht in der Ferne.

Posted in: Gedichte by Chris No Comments

Einsame Flamme

Einsam wand’re ich
in tief dunkler Nacht
ruhelos treibe ich
ein Feuer entfacht

welches Nahrung sucht
und sie nicht findet
als Flamme verflucht
Schicksal sie bindet

endlos zu glühen
niemals zu brennen
im ewigen Müh’n
sich zu erkennen

bleibt doch voll Hoffnung
träumt von warmem Licht
kämpft trotz Enttäuschung
denn auf gibt sie nicht.

Passagen

Wenn man fragt,  „Was ist eine Passage?“, so wird man wohl zuerst keine Antwort, sondern vielmehr eine Gegenfrage erhalten, die etwa lauten wird: „In welchem Zusammenhang?“.

Eine Passage als Solches ist vollkommen abstrakt. Erst wenn wir sie in einen Kontext bringen, beziehungsweise in einem solchen verwenden, können wir eindeutig sagen, worum es sich handelt. Wie konkret diese Vorstellung ist und wie sie aussieht, hängt allerdings oft nicht nur davon ab, um welche Art von Passage es sich handelt, sondern auch von demjenigen selbst, der sich das Bild formt. Welche vielfältigen Gesichter Passagen haben können und welche Vielzahl an Eigenschaften man mit ihnen verbinden kann, davon können Sie im Folgenden lesen und vielleicht achten Sie einmal ganz bewusst darauf, welches konkrete Bild sie jeweils vor Ihrem geistigen Auge haben.

München. Es ist überstanden. Ein letztes Mal höre ich die maschinenfreundliche Frauenstimme, die mir zu verstehen gibt „Karlsplatz, Stachus – Bitte links aussteigen.“.  Ich schiebe mich an den Menschen vorbei zur Tür. Auf ein mir unbekanntes Kommando hin strömen gefühlte 100 Leute  scheinbar gleichzeitig durch die keine zwei Meter breite Tür und ich  werde mit getrieben. Jetzt teilt sich der Strom. Mir bleibt wenig Zeit. Schnell erkenne ich: Ich muss nach oben. Den reißenden Fluss aus U-Bahngängern durchquere ich nun spielend. Kampferprobt. Die Rolltreppe stellt die nächste Lebensbedrohung dar. Ich sage mir immer wieder im Kopf: „Rechts stehen, links gehen“. Dieses Mantra hilft allerdings nur bedingt, wenn die beladenen Packesel an den Stehenden vorbeistürmen. Vielleicht sollte man die Fahrgeschwindigkeit erhöhen. Das Ende der Rolltreppe ist erreicht. Ich bin unversehrt. Jetzt heißt es wieder schnell sein. Menschen strömen aus allen Richtungen zum nächsten Durchgang. Ein Wunder, dass niemand gegen die, wie ich sie nenne, „Massenteiler“ rennt. Metallböcke, die den Ein- und Ausgang zu S- und U-Bahn in Reihen teilen.

Ich bin immer noch unter der Erde. Wahrscheinlich ist das das Geheimnis der Großstädte. Stapeln: Menschen, Erde, Menschen, wieder Erde und wieder Menschen. Mit der nächsten Rolltreppe gelange ich zur nächsten Schicht Menschen. Hinter weiteren Rolltreppen erkenne ich Tageslicht. Kaum jemand scheint sich vorstellen zu können selbst nach oben zu laufen. Oder nach unten. Hoffen wir, dass die Rolltreppen ewig fahren. Ich sehe mich um.

Unter der Stadt scheint eine weitere Stadt entstanden zu sein. Ich lese auf einem großen Banner „Stachus Einkaufspassagen“. Sicher erwartete ich in der Innenstadt eine Einkaufsstraße, jedoch scheinen hier die Geschäfte zu den Kunden gekommen zu sein. Direkt aus der S-Bahn in den Laden. Praktisch. Kein Entkommen für den potentiellen Kunden. Das Angebot ist vielfältig. Ich habe noch etwas Zeit und beschließe mir das größte Kaufhaus anzusehen. Es ist das erste Geschäft, das mich mit großen Eingangstüren willkommen heißt. Ich finde mich in einer Feinkostabteilung wieder. Uninteressant. Über Stufen gelange ich in den Haushaltswarenbereich. Auch nicht gerade meine Lieblingsabteilung. Aus den nicht vorhandenen Fenstern schließe ich, immer noch unter der Erde zu sein. Ich suche eine Rolltreppe. Bisher hat mich eine solche immer wieder zum Tageslicht geführt. Gefunden. Hier stürmen weniger Menschen an mir vorbei. Scheint auch unmöglich. Vor und hinter mir Packesel mit vollen Taschen. Oben angekommen suche ich auf einer Tafel die Technikabteilung. Gefunden. Ich muss weiter nach oben. Drei Rolltreppen später sehe ich einmal hinunter. Nichts für schwache Nerven. Endlich angekommen laufe ich im Zick-Zack durch die Regalreihen. Ich will nichts kaufen, mich nur informieren. Das andere Ende des Kaufhauses sehe ich nicht. Die Neugier schickt mich auf Entdeckungstour. Plötzlich stoße ich auf drei kleine Stufen und ich finde mich erneut in einer Haushaltswarenabteilung wieder. Irritiert behalte ich mein Ziel im Auge und stehe schließlich vor einer Wand.

Ich sehe auf  die Uhr. Jetzt aber schnell. Ich halte nach einem alten Freund Ausschau und werde fündig. Die nächste Rolltreppe bringt mich nach unten. Immer weiter nach unten. Wieder im Untergeschoss angekommen suche ich die Tür. Gefunden, dank Beschilderung. Ich versuche, mich zu orientieren. Schilder. „Zu den Zügen“ lese ich. Nach einigen weiteren prüfenden Blicken ist klar: Ich  bin am Hauptbahnhof. Meinem Ausgangspunkt. Ich mache mich wieder auf den Weg zur S-Bahn und beschließe in Zukunft Passagen zum Einkaufen zu meiden und mich an Straßen zu halten. Ist sicherer.

Passagen können Teil unseres Weges sein. Sie verbinden eine Station mit der nächsten, auch wenn sie uns nicht immer dorthin führen müssen, wohin wir es vermuten, oder wenn ihr Ende uns gar unbekannt ist. Manche gelten als gefährlich, andere als irritierend und wieder andere zeichnen ein traumhaftes Bild in jedem Reisebericht.

Es weht kaum Wind. Alles, was man hört, sind die Hufe der Pferde und das Scheppern des Karrens, den sie ziehen. Der Wagen ist mit Heu beladen und eine Decke verhindert, dass es vom Fahrtwind verstreut wird.

Vorn steht ein Bauer. Er trägt ein rotes Gewand, hat eine bestickte Kappe auf dem Kopf und treibt sein braunes Zugpferd mit der Peitsche voran. Die Zügel sind an den Karren gebunden und sein Hund folgt ihm. Dieser hat ein weißes Fell mit schwarzen Flecken und reicht dem Wagen gerade bis zur hinteren Achse. Der Untergrund ist uneben und rutschig, wohl vom Regen der letzten Nacht. Spuren anderer Wagen lassen erkennen, dass der Weg oft befahren wird. Das Gras an beiden Seiten wuchert. Immer noch ist der Himmel mit Wolken bedeckt.

Zur Linken des Bauers stehen kleine Bäume Spalier, dahinter sind ein Fluss und ein Fischerhaus zu erahnen, doch der Bauer achtet nicht mehr darauf. Auf dem engen Weg kommt ein Vierspänner mit hoher Geschwindigkeit auf ihn zu. Das Zaumzeug der Pferde ist mit runden Abzeichen verziert. Es ist eine Art Planwagen, der von zwei Männern geführt wird, wovon der eine einen grünen und der andere einen weiß-grauen Mantel trägt. Beiden sitzt eine Pelzmütze auf dem Kopf und sie tragen einen Schnauzbart. Die Gefährte müssen einander ausweichen. Eines der Pferde des Vierspänners dreht seinen Kopf zum Wagen des Bauern. Das Pferd des Bauern scheut.

Hinter der zweiten Kutsche ist ein Hof erkennbar. Ein großes mit Stroh bedecktes Haus steht im Hintergrund, davor ein großer Heuhaufen. Das gesamte Grundstück scheint eingezäunt, mit einer blickdichten Holz- und Strohkonstruktion.

Ölgemälde von Jozef von Brandt
Jozef von Brandt – Schwierige Passage (um 1855)

So kann eine Passage einen Durchgang beschreiben, wie es auch die Wortherkunft aus dem Französischen definiert. Doch vielfältiger noch als es Passagen dieser Art sind, sind es jene, die im deutschen Sprachgebrauch mindestens genauso häufig vertreten sind. Die, in die sich zum Beispiel die Bücher der Welt teilen.

Die Passagen in einem einzigen Buch können so viele unterschiedliche Facetten haben, dass sich allein mit ihnen eine Geschichte erzählen lässt. Sie lassen uns nachdenken, sie begeistern uns, sie lassen uns trauern oder entführen uns in eine phantastische Welt. So hat jede Passage etwas ihr Eigenes, im selben Buch und über alle anderen Bücher hinweg. Doch ist eine solche Passage nur ein Puzzleteil. Ohne die Teile drum herum fehlt etwas und ohne diesen Rahmen kommt  es leicht zu Fehlinterpretationen.

Simon: „Schon wieder ein Anschlag im Irak. Ich glaube das hört nie auf. Aber ist ja auch kein Wunder, so wie das abläuft, kann es ja nicht gut gehen.“
Peter: „Wie meinst du das?“
Simon: „Naja, in einem muslimischen Land, deren Glaubensgemeinschaften ja unter sich schon fast Krieg führen, versuchen Christen, Frieden zu schaffen. Ist das nicht paradox? Vor allem, wenn man einmal den einen oder anderen Blick in den Koran wirft und dessen Meinung zu Menschen anderer Religionen liest.“
Peter: „Du hast den Koran gelesen? Das wäre mir neu.“
Simon: „Nein, nicht im Ganzen, aber die Passagen, die ich gelesen habe, reichen mir vollkommen. Letztens bin ich beispielsweise auf eine eben solche gestoßen. Es hieß etwa so in der Art: ‚Gläubige‘, also Muslime, ‚nehmen weder Juden noch Christen zum Freund‘. Sure 5 Abschnitt 51, wenn ich mich nicht irre.“
Peter: „Lass mich raten. Das hast du aus dem Internet?“
Simon: „Ja, aber es stand so auf verschiedensten Seiten geschrieben. Egal ob halboffizielle Übersetzung oder als Zitat.“
Peter: „Das mag wohl sein, aber lass mich dich dennoch eines Besseren belehren. Der Haken in deinem Zitat ist das Wort ‚Freund‘. Wenn man den Koran als Ganzes betrachtet und nicht nur einzelne Passagen übersetzt, dann wird man immer wieder auf, ich möchte es mal Warnungen nennen, was Christen und Juden betrifft, stoßen. Andererseits liest man aber auch davon, dass Christen und Juden auch ‚Menschen des Buches Gottes‘ sind und sogar Hochzeiten zwischen männlichen Muslimen und christlichen oder jüdischen Frauen erlaubt sind. Dem Koran geht es darum, dass nur Muslime sozusagen den direkten Draht zu Allah haben und sich nicht von Juden oder Christen beeinflussen lassen sollen. So meint auch das in deinem Zitat fälschlicher Weise als ‚Freund‘ übersetzte Wort eher ‚Führer‘ bzw. ‚Beschützer‘, wie es auch an anderen Stellen zu lesen ist. Ein Muslim soll sich also weder von einem Christen noch einem Juden führen oder – anders gesagt – verleiten lassen.“
Simon: „Das wirft natürlich ein ganz anderes Licht auf die Sache. Ich meine, in der Bibel steht es nicht anders über die Christen. Zumindest was den ‚einzig wahren Gott‘ angeht.“
Peter: „Richtig, und was mit dem Koran gern betrieben wird, kann man genauso mit der Bibel machen, wie es auch viele Sekten tun: Einzelne Passagen herausnehmen, den Kontext verändern oder gar einzelne Wörter neu ‚übersetzen‘, um eine Aussage zu erhalten, die in das jeweilige Gesamtkonzept passt.“
Simon: „Das stimmt. Vor allem was im Alten-Testament stellenweise zu lesen ist, lässt jedem die Haare zu Berge stehen.“
Peter: „Eben. Die Bibel ist nicht weniger gewalttätig als der Koran, allerdings hat der Mensch in der westlichen Welt bereits begonnen, selbst zu denken, und lässt sich nicht von Glaubensführern alles diktieren. Sicher gibt es auch eben solche Moslems und diese kapern auch keine Flugzeuge oder sprengen Menschen in die Luft. Was man aktuell sieht, ist nichts anderes als ein moderner Kreuzzug. Doch ich bin davon überzeugt, dass mit der Freiheit auch die Erkenntnis kommt und so eines Tages ein friedliches Miteinander möglich ist – egal ob mit oder ohne Religion.“
Simon: „Wollen wir hoffen, dass du recht behältst.“

Passagen sind zumeist Teil von etwas Größerem, etwas, dass sie umgibt und ihren eigentlichen Sinn und Zweck erkennen lässt. Ohne das sind sie mehr oder minder ein Spielzeug in den Händen desjenigen, der sie aus ihrem Zusammenhang gerissen hat und ihnen einen neuen Anfang und ein neues Ende gibt.

Es gibt jedoch auch Passagen, auf deren Anfang und Ende selbst der Mensch kaum Einfluss nehmen kann. Es sind die Passagen all jener Kreisläufe, wie  wir sie in der Natur mannigfaltig finden. So folgt auf die Winterzeit aus Eis und Schnee stets die blühende Passage des Frühlings, gefolgt von Sommer und Herbst. Verbunden damit spielt sich auch der Kreislauf der Natur ab, von der uns jede Passage immer wieder aufs Neue in ihren Bann zieht, auch wenn wir sie schon 80, 90 oder gar 100 Male miterlebt haben.

Blätter fallen segeln langsam
wie es geschieht ein jedes Jahr
nähern stetig sich und schweigsam
Mutter Erde die sie gebar

trägt auch der Wind sie weiter fort
wohin er nicht verraten mag
begrüßen sie an diesem Ort
auch freudig jeden neuen Tag

wissentlich dass sie vergehen
und wohl wissend ohne Halt
sie strahlend in die Zukunft sehen
die neues bringt und das schon bald

bis sie sind nicht mehr gewesen
wurden selbst zur Erden Mutter
spürten noch so manchen Besen
oder war’n der Tiere Futter

speisen sie doch irgendwann
wenn das Frühjahr sich bequemt
Bäume die wachsen wie ein Mann
woran sich dieser später lehnt

und sprießen dann nach Jahr und Tag
wieder Blätter von genanntem
der Kreislauf sich wohl schließen mag
selbst wenn Menschen ihn verbrannten.

„Selbst wenn Menschen ihn verbrannten.“ Diese letzte Zeile bringt es noch einmal auf den Punkt. Nicht über jede Passage oder Abfolge eben solcher, ist der Mensch erhaben. Selbst bei denen, die er scheinbar selbst schreibt, ist er nicht der alleinige Autor und vor allem, was Anfang und Ende angeht, eher ein Pendel, das von außen angestoßen wird.

Die Passagen von denen ich hier spreche, sind die, in die sich unser Leben teilt. Abschnitte, die wir auf Grund von Ereignissen oder Entscheidungen, seien sie von uns oder auch von anderen bedingt oder gefällt worden, einteilen können, mit Anfang wie auch Ende. Das Besondere an diesen Passsagen ist nicht nur ihre Vielfalt und Lebendigkeit, sondern auch ihre Vergänglichkeit auf der einen Seite und der Einfluss auf alle folgenden Passagen auf der anderen Seite. Wir können zu keinem Abschnitt unseres Lebens zurückspringen, auch wenn wir es oft gerne wollten, aber dennoch hat eine jede uns geprägt und spiegelt sich auf die eine oder andere Art in der aktuellen Passage unseres Lebens wieder.

Herr Winzel ist arbeitslos. Vor gut einem Monat hat er seinen Job verloren. Er war Abteilungsleiter in einer Elektromarktkette. Zu alt, hieß es inoffiziell, man bräuchte frischen Wind, um neue Kunden zu gewinnen. Für sein frühzeitiges Ausscheiden hatte er eine ordentliche Abfindung kassiert: 30.000Euro. Er hätte mehr herausholen können, hatte aber am Ende einfach keinen Nerv mehr und die Papiere unterschrieben. Anfangs war er sich nicht sicher,  ob es vielleicht gar nicht so schlecht für ihn wäre. Viel Freizeit, etwas Geld auf der Seite, kein Stress, doch schon noch einer Woche hatte er gemerkt,  dass das kein Leben für ihn war. Ihm fehlte die Aufgabe. Der Grund, jeden Morgen aufzustehen, und das Gefühl, etwas zu leisten. Rund 15 Jahre hatte er in dem Betrieb gearbeitet und war aufgestiegen. Jetzt durfte er wieder ganz unten anfangen, wenn sich überhaupt ein Anfang ergeben würde. Auf dem Arbeitsamt hatte man ihm keine großen Hoffnungen gemacht – in seinem Alter: 46 Jahre. „Bin ich wirklich schon so alt?“ fragte er sich.

Er saß an seinem Schreibtisch, der PC war eingeschaltet und das Schreibprogramm wartete auf seine Eingabe. Der Briefkopf war bereits getippt – Vorlage vom Arbeitsamt. Den Lebenslauf hatte er nur ergänzen müssen. Es hatte sich  nicht viel getan in den letzten 15 Jahren. Neben sich hatte er auf einem Block zehn Stellenanzeigen herausgeschrieben. Es war alles dabei: Vom Kassierer in einem Lebensmitteldiscounter bis zum Straßenfeger. Sogar als Koch, was er ursprünglich gelernt hatte. Er ging die Liste durch. „Will ich das überhaupt?“, fragte er sich, „Habe ich eine Wahl?“, war die nächste Frage, die ihm durch den Kopf schoss. Von der Abfindung und dem Arbeitslosengeld konnte er noch eine Weile ganz gut leben, ein Jahr, vielleicht zwei. Doch was sollte er danach tun? Und was sollte er mit seinem Leben anfangen in diesen ein bis zwei Jahren? Außerdem wurde er nicht jünger. Die Chancen wieder einen Job zu bekommen, sanken beständig. Nein, sich auf die faule Haut legen, wollte er sicher nicht. Er tippte die offene Bewerbung fertig und druckte sie aus. So ging das noch weitere neunmal. Danach alles kuvertiert, Briefmarke aufgeklebt und Empfänger, so wie Absender angegeben. Fertig.

Er lehnte sich zurück und atmete einmal tief ein. Ein Spaziergang würde ihm jetzt gut tun. Dabei konnte er auch immer besser nachdenken und gleich die Briefe zur Post bringen. Er holte seine Jacke von der Garderobe, packte Haustürschlüssel und Briefe zusammen und machte sich auf den Weg. Wie ferngesteuert ging er die Straße in Gegenrichtung zum Stadtzentrum hinunter. Sein Gefühl sagte ihm, dass er in der alten Allee am Stadtrand besser abschalten können würde.

Alles in allem war es eine wunderschöne Kleinstadt. Keinen Tag bereute er, dass er vor eben knapp 15 Jahren hierher gezogen war. Der Wind war kalt Mitte Januar, aber das machte ihm nichts aus. Seine Gedanken schweiften in der Vergangenheit. Von Abenden mit Kollegen über die zahlreichen Spaziergänge in eben dieser Allee, ob allein oder zu zweit, bis hin zu seinen ersten Streifzügen in der damals noch neuen Stadt. Aber bis auf jene Momente hatte sich nicht viel verändert. Irgendwann war es auch hier Alltag geworden, mit dem gewohnten Alltagsstress. Gearbeitet hatte er immer, als ob es kein Morgen gäbe. Doch hatte er auch so gelebt, als ob es kein Morgen gäbe?

Mit dieser Frage im Kopf bog er von seiner geliebten Allee in eine Seitenstraße, die ihn auf die Hauptstraße führen würde. Nach ein paar hundert Metern las er an einem Gebäude ein Plakat mit der Aufschrift „Helfer gesucht! Wir suchen ehrenamtliche Mitarbeiter für unsere Mittagsküche. Bei Interesse sprechen Sie uns einfach direkt an!“. Er sah die Fassade hinauf. Dort hing ein Banner „Obdachlosenheim – Kostenlose Mittagsküche für Bedürftige“. Er wusste nicht genau warum, doch er ging hinein. Es war bereits 18 Uhr und darum nicht allzu viel los. Neugierig sah er sich um. Der Raum war relativ groß. Überall standen Bierbänke, die wohl auch schon einige Jahre auf dem Buckel hatten. An einer Seite war eine lange Ausgabetheke mit Durchgängen nach hinten. „Dort muss die Küche sein.“, dachte er sich. Während er sich umsah, kam eine Frau auf ihn zu und er war noch in Gedanken, als sie ihn ansprach: „Hallo, kann ich ihnen helfen? Ich bin Frau Lindner. Ich leite diese Einrichtung. Sie sehen nicht so aus, als wären Sie wegen einem Schlafplatz hier.“ Verdutzt sah Herr Winzel sie an. „Ähm ja, ich habe das Plakat draußen gelesen und bin einfach mal herein gekommen.“, war alles, was er herausbrachte. „Na dann, herzlich Willkommen. Sehen sie sich ruhig um. Ich bin in der Küche, wenn Sie mich brauchen.“, antwortete sie mit einem Lächeln auf den Lippen, das sein Herz sofort schneller schlagen ließ und schon war sie wieder verschwunden. „Obdachlosenheim“, dachte Herr Winzel bei sich, „Warum nicht? Zutun habe ich gerade sowieso nichts und ich kann etwas Sinnvolles tun. Vielleicht ist das gar keine schlechte Idee.“ Er beschloss nicht weiter nachzudenken und ging quer durch den Raum zu der Tür, durch die Frau Lindner verschwunden war. Sie unterhielten sich eine Weile und sie zeigte ihm auch den Rest der Einrichtung.

Direkt am nächsten Tag begann er, als Koch mitzuarbeiten. Nach einigen Wochen konnte man dank Spenden sogar eine 400-Euro-Stelle aus seinem Ehrenamt machen. Herr Winzel und Frau Lindner kamen sich mit der Zeit immer näher und wurden schließlich ein Paar.

So führte ihn eine vermeintlich düstere Passage seines Lebens in eine neue, wie er sie sich niemals hätte erträumen können, und auch wenn es wieder dunkler werden sollte am Horizont des Lebens so hatte er jetzt doch eine völlig neue Grundlage und auch einen tieferen Sinn in seinem Leben gefunden.

Passagen finden sich, wortwörtlich, überall in unserem Leben. So unterschiedlich auch ihre konkrete Bedeutung sein mag, haben sie doch alle, wenn auch manchmal nur indirekt, eines gemeinsam: Sie bringen uns weiter und ab und an führen sie uns sogar.

Mit fast jeder Art von Passage verbinden wir meistens auch Erinnerungen. Ob das eine Reise, ein Abschnitt aus einem besonderen Buch oder ein Teil unseres vergangenen Lebens ist. Das werden Sie auch festgestellt haben, wenn sie auf die Bilder geachtet haben, die Ihnen zu jeder Passage dieses Textes in den Sinn kamen.

Passagen sind also etwas sehr Wichtiges und wenn man sich Gedanken über ihre Vielfältigkeit macht, so wird man erstaunt sein, wohin einen diese Reise auf den Spuren eines, vermeintlich alltäglichen, Wortes führen kann.

Gedanken am Meer

Das Meer rauscht  unter mir. Immer wieder zerschellen die Wellen an den Klippen, als geißelten sie sich unaufhörlich. Für alle Ewigkeit. Der Gedanke scheint absurd. Für welche Sünde sollte sich das Meer selbst bestrafen? Etwa für die zahlreichen Seefahrer, die es Jahr für Jahr verschlingt oder gar die Opfer des letzten Hochwassers, als Dämme brachen und Menschen wie Tiere starben? Doch ist es das Meer, welches hier die Schuld trägt? Kann das Meer überhaupt schuldig sein?

Es ist sicher kein Vorsatz zu unterstellen. Ist nicht viel mehr die Ursache, die in diesem Fall wohl die Rolle des Vorsatzes übernimmt, beim Menschen zu suchen? Die, die das Meer tötete, konnten überhaupt nur durch eben dieses sterben, weil sie sich in seinen Hoheitsbereich vorgewagt hatten. Das klingt plausibel. So liegt es in der Natur des Meeres gefährlich zu sein. Die Schuld, liegt also bei den Opfern, wie paradox es auch klingen mag.

Gilt, was für die Natur des Meeres gilt, nun aber auch für die Natur des Menschen? Wenn Triebe, wie Hunger und Lust, auf den Menschen treffen, wie eben dieser auf das Meer treffen kann, wenn Sünden nicht aus einem inneren Vorsatz, sondern einer nicht beeinflussbaren Ursache hervorgehen, gilt dann nicht für den Menschen das Selbe, wie für das Meer?

Woher rühren die Ursachen? Der Mensch baut seine Häuser am Meer, weil es praktisch ist und weil er Land benötigt. Fruchtbars Land. Er segelt über das Meer, weil er Waren in ferne Länder bringen möchte oder ferne Welten entdecken. Das ist leicht erklärt. Der Preis dafür ist ihm bewusst. Sein Verhalten ist die Ursache. Unbestreitbar. Doch was ist die Ursache für die Triebe des Menschen?

Der Mensch wurde geschaffen durch Gott. Gelobt sei der Vater. Er gab uns auch unsere Bedürfnisse, mit der Fähigkeit zu fühlen. Im Paradies waren diese stets gedeckt. Es gab keinen Hunger. Es gab keine Lust. Doch den Menschen trieb wieder ein Bedürfnis und wenn es nur das der Neugier war und Gott verbannte ihn. Er schickte den Menschen in eine Welt, in der er seine Bedürfnisse selbst stillen musste. In denen er allein dafür verantwortlich war. Sich selbst ausgeliefert, dem ausgeliefert, was der Vater ihm gab. Doch damit nicht genug. Gott erließ seine Gebote, die der Mensch achten soll, um Gottes Gunst willen und um seines Lebens nach dem Tode willen. Darauf begründen sich die Sünden, wie sie die heilige Kirche uns erklärt.

Wenn aber die Ursache für unsere Sünde, sei es das Stehlen des Hungers wegen oder das Nachgeben der Fleischeslust, die uns von Gott gegebenen Triebe sind, wie kann es dann mehr Sünde sein,  als die, die das Meer begeht, wenn es Menschen verschlingt, die sich, wissentlich der Gefahr, ihm anvertrauten? Ist es dann nicht auch hier die Schuld des Verursachers? Die Schuld Gottes?

Welch ketzerischer Gedanke. Gott schuldig für Sünden, wenn auch nur wenige, die der Mensch begeht, der dafür vor Gott wieder Buße tun muss. Auch dieser Gedanke endet wieder in einem Paradoxon. Ich wage nicht hier weiter zu denken. Der Gedanke als Sünde. Ist nicht auch die Fähigkeit zu denken von Gott gegeben? Die Fähigkeit zu denken ja aber nicht immer die Fähigkeit zu verstehen. So scheint es auch hier. Ich verstehe Gottes Wege nicht aber ich sehe sie. So ist es vielleicht als Bestrafung für den Sündenfall Evas zu sehen, dass wir, wider unserer eigenen Natur, leben müssen, um Gottes Willen über unseren eigenen zu stellen.

Dieser Gedanke löst die Verunsicherung in mir. Ich höre eine Möwe schreien. In diesem Moment, wieder aus meinen Gedanken gerissen, spüre ich auch die Kälte, die sich mit der versunkenen Abendsonne über das Land gelegt hat. So mache ich mich wieder auf den Rückweg in mein Kloster. Ich beschließe meine heutigen Gedanken mit niemandem zu teilen und fange an zu beten. Ich danke Gott für alles was er dem Menschen gegeben hat und bitte ihn um Vergebung für meine Sünden.

Der Mönch am Meer von Caspar David Friedrich, Quelle: wikipedia.orgDer Mönch am Meer, von Caspar David Friedrich; Quelle: wikipedia.org

Der Tod der Fliege

Silvesterabend. Es ist 19Uhr. Herr Liebstöck richtet sich für die geplante Feier. Seine Frau besetzt das Badezimmer. Seit zwei Stunden ist die Tür geschlossen. Es klingelt. Da sich keines der Kinder zu bequemen scheint trottet er selbst zur Tür und öffnet sie. Ihm stehen zwei uniformierte Beamte gegenüber. Der Linke streckt ihm seine Hand entgegen mit den Worten „Guten Abend, wir wurden benarichtigt, dass im Haus neben an jemand ermordet worden sei, der Anruf kam von ihrem Anschluss.“. Herr Liebstöck ist verdutzt. Der Beamte spricht weiter: „Ein gewisser Tim Liebstöck hat den Vorfall gemeldet.“. „Dieser Bengel“ flucht Herr Liebstöck vor sich hin „hat nur Unfug im Kopf!“. „Wir müssen trotzdem einmal mit ihm sprechen, neben an öffnet niemand die Tür.“ entgegnet jetzt Beamter Nummer zwei. „Kommen sie doch herein.“ antwortet Herr Liebstöck und schreit im nächsten Moment die Treppe hinauf: „Timm, komm sofort herunter!“. Eine Sekunde später poltert dieser die Treppe hinunter und redet sofort auf die Beamten ein: „Endlich sind sie da! Ich habe es genau gehört! Unsere Nachbarin hat geschrien und ihr Mann hat sie angebrüllt und dann war mit einem mal alles leise! Er hat ihr etwas angetan!“. Darauf bricht Tim in Tränen aus. „Wie alt bist du denn?“ fragt einer der Beamten. „9“ antwortet Tim knapp. Die Polizisten stellen noch ein par kurze Fragen und begeben sich dann nochmals zum Haus der Nachbarn. Sie klingeln. Diesmal hört man jemanden auf der anderen Seite der Tür. Ein Mann, mit roten Flecken auf Hemd und Händen, öffnet die Tür. Sofort reagieren die Beamten und überwältigen ihn. Er schreit: „Lassen sie mich los! Was soll das?“. Plötzlich hört einer der Beamten ein Geräusch im Nachbarraum. Er zieht sofort seine Waffe. Eine Frau im Abendkleid kommt durch die Tür. Erschrocken fragt sie: „Was ist denn hier los?“. „Wer sind sie?“ fragt der Polizist, der seine Waffe zurück steckt. „Seine Frau“ meint diese und zeigt dabei auf den Mann in Handschellen auf dem Fußboden. Die Beamten sehen sich irritiert an. „Entschuldigung, ihre Nachbarn hatten schreie gehört und meinten ihnen wurde etwas angetan und mit dem Blut auf seinem Hemd haben wir sofort reagiert.“ erklärt der andere Beamte und lässt den Mann aufstehen. Dieser klärt die Situation auf: „Das ist kein Blut, mir ist vorhin beim Abendessen der Löffel in die Tomatensuppe gefallen und geschrieen haben wir wegen meiner jetzt toten, äh, roten Fliege, die total im Eimer ist!“

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Der Weg

Ach was die Welt so von mir hällt
das sei dezent dahingestellt
geh einfach doch nur meinen Weg
den ich von Tag zu Tag mir leg.

Er hat Seiten ohne Ränder
und braucht darum kein Geländer
welches mich stützt oder gar hällt
denn Freiheit ist, wenn man auch fällt.

Gibt keine Schranken weit und breit
geh oft allein, manchmal zu zweit
da Ziel und Richtung unbestimmt
wie es mir im Moment so sinnt.

Man sieht mir stauend dabei zu
ein mancher sagt: „Komm doch zur ruh!“
doch werd immer weiter streben
will die Tage einfach leben
und wer zu halten mich gedenkt
hat sich schon von mir weg gelenkt.

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